Hintergrundbild: Screenshot aus der ARD Mediathek
rePulp im Fernsehen
Über Komfortzonen und Freude
Diese Woche ist er gelaufen, der Fernsehbeitrag über die (Halbkugel-)Lampenschirme der rePulp-Kollektion. Und es war eine turbulente Woche. Aber vielleicht fange ich besser am Anfang an.
Wie alles begann
Der Auftakt war ein lustiges Telefonat im letzten Sommer. Mein Handy klingelte und es war eine nette junge Frau dran, die mich fragte, ob ich ins Fernsehen möchte. Grillenzirpen und ein verdatterter Blick aufs Telefon, den sie zum Glück nicht sehen konnte. Dann die spontane Reaktion: Nö.
Es folgte ein erneutes Grillenzirpen, diesmal von ihrer Seite. Wahrscheinlich kennt sie sonst nur Jubelgeschei als Antwort auf ihre so provokant gestellte Frage. Da war sie bei mir an der falschen Adresse.
Mein Verhältnis zu Kameralinsen ist ein wenig gestört. Das fängt schon bei Urlaubsfotos, die mit meiner Person dekoriert werden sollen, an und endet ganz sicher noch nicht bei einer laufenden Fernsehkamera.
Wir haben dann aber doch noch eine halbe Stunde geplaudert. Sie erzählte, dass sie am Studio vorbeigelaufen ist und die Lampen gesehen hat und sie so begeistert war, dass sie die Idee ihrem Chef erzählen musste. Sie hatte unzählige Fragen zum Herstellungsprozess der rePulp-Objekte und so wurde es lockerer nach dem ersten Schreck und richtig lustig, denn wir haben uns gut verstanden.
Abschließend einigten wir uns darauf, dass ich ein paar Nächte darüber schlafe und wir in der folgenden Woche nochmal telefonieren.
Der chaotische Mittelteil
Die Woche nach dem Telefonat war geprägt von Kopfkino. Nee, ich mache das nicht. Ach komm schon, das ist eine tolle Gelegenheit! Die wollen, dass ich REDE vor der Kamera.. Ja, nein, vielleicht, nein, vielleicht, ja, nein …
Es folgten Gespräche mit meinem lieben Mann und guten Freunden. Und in mir ein großer Widerstand und eigentlich ist es in meiner Komfortzone doch sooo gemütlich.
Die Entscheidung fiel, als ich mir bewusst gemacht habe, dass ich Vertrauen haben kann. Vertrauen, weil der Anruf ausgerechnet dann kam, als ich mein kreatives Tun überdacht habe und zu dem Schluss gekommen bin wieder mehr Arts & Crafts (also Kunst und Produkte) zu machen und ein bisschen weniger Interior Design.
Und außerdem Vertrauen in das Dreh-Team, denn die machen das täglich. Sie wissen was sie tun, sie wissen was sie brauchen und das können sie mir sagen und dann schaffe ich das schon.
Und natürlich das Vertrauen in mich selbst. Das Leben hatte schon das ein oder andere Päckchen für mich und das habe ich gewuppt. Ich empfinde so viel Freude mit dem was ich mache. Also teile das mit der Welt! Und so habe ich zugesagt.
Den ersten Termin hatten wir im August. Das hat leider nicht geklappt und mir fällt gerade nicht mehr ein warum. Der zweite Termin ist geplatzt, weil bei mir im Studio zwei Tage vor dem Termin der Strom weg war.
Das Studio ist in einem ehemaligen Pförtnerhaus und hat noch Aluleitungen und es ist schon öfter mal passiert, dass da ein Floh in der Leitung war. Diesmal nachhaltig, sodass die Elektriker Teile der Leitungen komplett austauschen mussten.
Ohne Strom läuft aber kein Licht und auch keine Schleifmaschine, also musste nochmal geschoben werden. Aller guten Dinge sind drei und so haben wir dann in der Woche vor Weihnachten noch einen gemeinsamen Termin finden können.
Für mich bedeutete es viel Vorbereitung, denn normalerweise entsteht kein Objekt in fünf aufeinanderfolgenden Stunden. Das Recyceln ist ein Arbeitsschritt, dann folgt eine Trocknungsphase. Das Pulpen ist der nächste Arbeitsschritt, dem sich wieder eine Trocknungsphase von 10 – 14 Tagen anschließt. Das funktionierte also so nicht.
Da Norbert aber wirklich alles filmen wollte, habe ich die einzelnen Zwischenstände timen und vorbereiten müssen.



Der Drehtag
Kurz vor Weihnachten war es endlich so weit – der Drehtag stand an. Wir haben früh angefangen, damit wir möglichst Tageslicht in der dunklen Jahreszeit zur Verfügung hatten.
Die Nacht davor war unruhig, ich war aufgeregt und hatte einen riesigen Bienenschwarm im Bauch. Zwischendurch habe ich immer wieder gedacht: Stell Dich nicht so an Frau Luther! Das ist echt keine Raketenwissenschaft! Viel geholfen hat es nicht.
Kurz nach neun kamen die drei Jungs von alphacontainer, allen voran der Geschäftsführer und Produzent Norbert, der im Beitrag zu hören ist. Und dann wurde es endlich besser.
Die Jungs waren gut drauf und nachdem wir uns ein bisschen beschnuppert und umgeräumt haben, damit die Kamera Platz hat und die Weihnachtsdeko nicht im Bild ist, schlich sich die Aufregung so langsam davon.
Wahrscheinlich haben die gewohnte Umgebung und das vertraute Thema das Ihrige dazu beigetragen. Auch sollte ich nicht über mich reden, sondern über das was ich mache – rePulp. Ein weiterer großer Pluspunkt für mich, mein inneres Gleichgewicht wiederzufinden.
Insgesamt haben wir 5 Stunden gedreht, gelacht, immer mal wieder umgeräumt und Spaß gehabt. Die Zeit ist verflogen und ich fand es weder anstrengend noch habe ich mich ernsthaft unsicher gefühlt.
Manche Einstellungen haben wir echt oft gedreht, entweder weil ich mich versprochen habe oder mir spontan nichts Schlaues eingefallen ist. Die Fragen habe ich nämlich nicht vorher bekommen. Dann haben wir Situationen teilweise aus vier Perspektiven gedreht und so weiter.
Lustig war auch: Als wir zum Pulpen kamen, hab ich mir meine Schürze übergeworfen und war bereit. Norbert drehte sich um und fragte völlig verdattert: „Woher kommt die Schürze?“ Ich: „Na ich hab sie angezogen…“ Er: „Das will ich filmen!“ Ich: „Echt jetzt?“ – Also haben wir gefilmt, wie ich mir meine Schürze anziehe. Ich habe mich köstlich amüsiert. Er hatte ja angedroht, dass er alles filmen möchte. Da kann ich ja schon froh sein, dass ich alleine pinkeln gehen durfte.
Der Tag der Ausstrahlung
Ein ganz normaler Montag. Ich war in den Vorbereitungen für eine kleine Frauentagsaktion und da pingte mein Telefon. Instagram. Du hast 10 neue Follower. Du hast einen neuen Kommentar zu einem Beitrag. Alles klar! Was? Wieso? Ach, ist ja toll…. Mal kiekn….
Ich habe gar nicht so schnell begriffen worum es geht, denn mir hatte niemand Bescheid gesagt, wann der Beitrag ausgestrahlt wird. Der Kommentar besagte: „Hab den Beitrag eben gesehen. Megaaaaa“ Nun heißen die Fotos bei Instagram im Feed ja auch Beiträge, also ist der Groschen noch nicht ganz gefallen bzw. ich war mir unsicher.
Als nächstes kam eine DM, die sich ganz klar auf den Fernsehbeitrag bezogen hat und plötzlich war ich wieder aufgeregt und wollte ihn natürlich auch sehen. Zum Glück kommt das ARD Buffet als Livestream, den man „zurückspulen“ kann und so konnte ich ihn noch fast live sehen. Internet ist schon ne geile Erfindung, denn ich habe keinen Fernseher.
Erst ein bisschen Fremdschämen, auch wenn ich das war, die da geredet und so lustige Sachen mit den Lampenschirmen gemacht hat. Dann Freude! Der Beitrag ist richtig cool geworden. Juhuu!!!! Meine Familie und der Freundeskreis wurde mit dem Link zur Mediathek bombadiert, denn viele hatten immer wieder gefragt, wann er denn nun kommt. Tadaaa.
Viele haben gefragt, ob mein Telefon glüht oder ob mir die Leute die Bude einrennen. Nein! Die Reaktionen sind durch die Bank positiv, aber mir reißt keiner irgendetwas aus den Händen.
Darum geht es auch nicht. Ich hatte und habe die Gelegenheit Anderen zu zeigen, dass vermeintlicher Müll ein Wertstoff ist, dass es Menschen gibt, die tolle Ideen haben und sich jeneits vom Massenkomsum mit ungewöhnlichen Projekten befassen.
Natürlich freue ich mich, wenn dadurch die Nachfrage steigt, denn wie so viele „Kleine“ hab auch ich sehr mit den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Zeit zu kämpfen.
Diese Woche
Heute ist Freitag und ich bin zur Ruhe gekommen und die Leichtigkeit meines Seins hat sich wieder eingestellt. Normalerweise mache ich montags meinen Plan für die Woche. In dieser Woche war ich ohne Plan. Es hat trotzdem funktioniert, nur anders.
Überrascht hat mich meine Reaktion, denn ich habe nicht gedacht, dass mich die Veröffentlichung nochmal so aus der Bahn wirft. Irgendwie bin ich davon ausgegangen, dass die Tage unmittelbar vor den Drehtag die „schlimmsten“ waren wegen der ganzen Aufregung.
Ich habe viel über mich nachgedacht, Dinge im Kopf zurecht gerückt und die Komfortzone direkt wieder strapaziert indem ich auch auf Instagram Gesicht zeige in den Stories und Reels.
Den Beitrag zu schreiben und alles nochmal zu reflektieren hat auch wunderbar beim Sortieren geholfen. Ich werde heute Abend in ein kreatives Wochenende starten und beim Malen noch den Rest verarbeiten.
Was bleibt? Eine tolle Erfahrung, ein anstrengender, aber wohltuender Lernprozess über mich selber und eine großartige Referenz über ein Produkt, hinter dem ich zweihundertdreimillionenachthundertsiebenundneuzigtausendfünfhundertachtundachtzig Prozent stehe (plus minus 20 %) und das Wissen darum, dass ich es – natürlich mit ganz viel Hilfe – geschafft habe, meine Freude zu transportieren.
Danke!
Es war turbulent und hat ganz viel mit mir gemacht. Es ist eine großartige Erfahrung und ich bin dankbar, dass ich sie machen durfte.
Danken möchte ich vor allem meinem lieben Mann, der sich zwar mit konkretem Rat zurückhält (so vonwegen: mach dies, mach das, mach das nicht), aber die Gabe hat, mich zu erden und es mir ermöglicht, Entscheidungen aus mir heraus treffen zu können.
Auch meine liebe Freundin Anja hat mich großartig unterstützt, denn sie versteht mich in meiner manchmal etwas chaotischen Art und hat die Gabe, den Kern der Sache zu finden und mir den Spiegel vorzuhalten. Vielen, vielen Dank dafür.
Und natürlich einen großen Dank an das Team von alphacontainer, das es mit ihrer lockeren Art und ihrer Erfahrung geschafft hat, dass wir zusammen einen tollen Tag hatten und wie nebenbei ein paar schöne Bilder produziert haben.